Nein zum Operationsplan Deutschland
16. Dez 2025
Die pax christi-Kommission Friedenspolitik widerspricht dem sogenannten „Operationsplan Deutschland“, der die innere Aufrüstung gegen eine Bedrohung seitens Russlands und Chinas propagiert.
Der Operationsplan Deutschland ist Teil der immensen militärischen Aufrüstung in der Folge des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine von 2022. Wesentlicher Teil des Operationsplans wird das am 10.09.2025 vom Bundeskabinett beschlossene „Dachgesetz zur kritischen Infrastruktur“, kurz „KRITIS“, sein. Dieses soll die EU-Richtlinie 2022/2557 „CER“ umsetzen.
Das „Grünbuch ZMZ (Zivil-Militärische Zusammenarbeit) 4.0“ des „Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit“, einer Fachgruppierung von Mitgliedern des Deutschen Bundestags, lässt Rückschlüsse zu auf die Inhalte des nach wie vor geheimen Operationsplans Deutschland mit inakzeptablen Zumutungen. Während das Grünbuch ZMZ 3.0 noch die Hilfe bei Umweltkatastrophen als Schwerpunkt hatte, geht es beim Grünbuch ZMZ 4.0 um konkrete Kriegsvorbereitung. Es soll eine schnelle, ungehinderte Truppenverlegung von West nach Ost (!) ermöglicht werden. Einseitige „Szenarien“ propagieren Feindbilder. Wie beim geplanten „Gesundheitssicherstellungsgesetz“ soll militärischen Kriterien bei der Frage, wer medizinisch behandelt wird (Triage), Vorzug gegeben werden. Die früher, u. a. im Zusammenhang mit dem EU-Verfassungsvertragsentwurf von 2005, von der Friedensbewegung und insb. auch von der pax christi-Kommission Friedenspolitik vehement kritisierte Ausweitung der Zivilen Agenda auf militärische Komponenten, hat sich ins Gegenteil verkehrt: Heute greift das Militärische ganz unverhohlen nach dem Zivilen.
Wir widersetzen uns einem Aufrüstungsimperativ, der versucht, Felder der Zivilgesellschaft zu besetzen, sowie im „Rahmenkonzept Seelsorge und Akutintervention im Spannungs- und Bündnisfall“ sogar die kirchliche Seelsorge zu instrumentalisieren und dem Militärischen unterzuordnen. In der Wortwahl des Titels des auch als „Geistlicher Operationsplan Deutschland“ bezeichneten Rahmenkonzepts verrät sich übrigens deutlich die Herleitung aus den Notstandsgesetzen von 1968, die auch nach mehr als 50 Jahren wie ein Fremdkörper im Grundgesetz stehen.
Gemäß Grundgesetz ist jeglicher Einsatz der Bundeswehr im Innern abzulehnen. Katastrophenschutz lässt sich in bewährter Weise zwischen Feuerwehr, THW und Polizei koordinieren. Die Verletzlichkeit unserer Gesellschaften im Bereich der Mobilität, Energieversorgung, Kommunikation bis zu Geldtransfers, stellt zugegeben eine große Herausforderung dar. Dieser zu begegnen ist jedoch Aufgabe von Polizei und Zivilschutz und nicht einer Armee.
Das Bedrohungsszenario, das eine NATO-Politik der Stärke und der Abschreckung legitimieren soll, verkennt den Ernst der globalen ökologischen Lage. Sie spielt „russisches Roulette“ im Blick auf ein NATO-Übergewicht des Schreckens, verdeckt die ökonomischen Herrschafts- und Besitzverhältnisse und macht sich zum Büttel von Profitinteressen von Rüstungskonzernen und Tech-Milliardären, die ganze Staaten und Staatenbünde vor sich hertreiben.
Das gängige Bedrohungsszenario ist im Verlauf einer Eskalationsgeschichte entstanden, an der die NATO auch ihren Anteil hat. Wir müssen es so klar sagen: Ohne eine Politik des Interessensausgleichs, von Rüstungskontrollvereinbarungen unter dem Dach der UN und gemeinsamer Sicherheit mit Russland bzw. China wird es keine nennenswerte Zukunft in Deutschland, Europa und der Welt geben.
Wir erinnern an die Synode in Görlitz, die 1987 bekannte: „Im Gehorsam gegen den dreieinigen Gott haben wir unsere Absage an Geist, Logik und Praxis der Abschreckung ausgesprochen. Denn der Geist der Abschreckung steht im Widerspruch zum Geist Gottes. Die Logik der Abschreckung steht im Widerspruch zum Versöhnungshandeln Christi. Sie zwingt trotz aller ethischen Proteste und vernünftigen Einsichten zum Wettrüsten. Weil wir Christus nachfolgen, widersprechen wir der Logik der Abschreckung. Wir bitten, dass Christus uns auf seinen Weg führt.
Die Praxis der Abschreckung steht im Widerspruch zur Gerechtigkeit Gottes:
• Sie führt zu einer Militarisierung des Lebens und Denkens.
• Sie vergeudet die materiellen und geistigen Schätze der Menschheit.
Für friedens- statt sicherheitslogisches Handeln ist uns das von Michail Gorbatschow 1990 beworbene „Gemeinsame Haus Europa“ Leitbild. Mit Gewaltfreiheit, Versöhnungsbereitschaft und Entspannungswillen bedarf es eines erneuerten OSZE-Prozesses, damit Geist, Logik und Praxis der Abschreckung zugunsten kollektiver (gemeinsamer) Sicherheit überwunden werden.
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Kommission Friedenspolitik
Die kritische Begleitung der Bundeswehrreform, der Konflikt in Syrien und die Kritik an der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung gehören zu den Themen der Kommission.